Trockengebiet

Wir haben uns vor ein paar Tagen das Hörbuch zum Bestseller “Feuchtgebiete” ausgeliehen. Wenn ganz Deutschland auf einmal über Genitalien und Fäkalien diskutiert, will man ja nicht dumm daneben stehen und wissen, was denn jetzt auf einmal so schrecklich spannend an dem Schmöker ist. Wir haben knapp die Hälfte bisher gehört und ich muss sagen, dass ich jetzt auch nicht schlauer bin als vorher. Die Handlung ist allenfalls als marginal zu bezeichnen. Bleibt also eine Aneinanderreihung diverser Begriffe, die ich der Einfachheit halber als “Pillemann, Fotze, Arsch und Co.” bezeichne.

Dennoch wird das Buch in diversen Feuilletons deutscher Zeitungen als emanzipatorischer Befreiungsschlag gedeutet. Aha, ist es vielleicht nur was Besonderes, weil es eine Frau gewagt hat, mal “Fotze” zu schreiben oder sich über Analsex mit “Schoko-Dip” auslässt? Hätte es ein Mann geschrieben, wäre es vulgärer Mist, der das Papier nicht wert ist, auf dem es geschrieben steht. Doch halt, es war eine Frau und damit ist es auf einmal cool. Aus Sicht der emanzipierten Frauen kann das doch nicht als Meilenstein gewertet werden, oder? Denn die Sensation am Buch ist die Autorin, nicht der Inhalt. Die Tatsache, dass eine Frau es geschrieben hat, macht es zu einem heiß diskutierten Thema in der deutschen Kulturlandschaft. Und dann wird daraus eine Streitschrift gegen übertriebene Körperhygiene und Übersexualisierung der Gesellschaft. Ich dachte immer, Gleichberechtigung heißt, Leistung unabhängig vom Geschlecht zu beurteilen und gleiche Vorraussetzungen für alle zu schaffen. Vielleicht kapiere ich das große Ganze auch einfach nicht. Das ist sicherlich eine zu betrachtende Option.

Ähnlich ist es mir damals auch bei dem Erfolg von “Sex and the City” gegangen. Wäre es um vier Männer gegangen, die in New York auf der Suche nach der wahren Liebe sind und dabei so manche Frau poppen, wäre es wahrscheinlich der letzte Macho-Scheiß gewesen. So war es eine Serie um starke Frauen, die sich nehmen, was sie wollen und die sich stark und emanzipiert zeigen. Es hat mich ein bißchen irritiert, dass da so unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe angelegt werden. Natürlich hinkt der Vergleich mit “Feuchtgebiete” sehr, da ich (durch meine Liebste und ihre Kollektion aller SatC-Staffeln) die Serie größtenteils gesehen habe. Und sie ist durchaus witzig und gut gemacht. Attribute, die ich bei Feuchtgebiete vermisse. Am Ende wird wohl in ein paar Jahren keiner mehr wissen, warum da so ein Brimborium gemacht wurde.

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Verpackungs-Irrsinn

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A Million Bright Ambassadors of Morning

  1. Katja

    Gut, dass du noch mal die Kurve gekriegt hast. Nix gegen Sex and the City!

  2. Die Kurve war eng, aber gekonnt gemeistert. 😉
    Den Rest unterschreibe ich so, wie er da steht…

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